Brandenburgische Motorenwerke

Die Brandenburgische Landesregierung preist ja viele ihrer Projekte als Jobmotoren, etwa den Cargolifter oder BER, allerdings nicht die Hochschulen. Das hat mich lange gewurmt, bis ich den Begriff Motor verstanden habe: Ein Dieselmotor verbrennt Dieselkraftstoff, ein Benzinmotor verheizt Benzin, und der Betrieb eines Elektromotors kostet elektrische Energie. Da ist auch mir klar, dass eine Technische Universität niemals ein Jobmotor sein kann.

Erfolgsmeldungen à la Brandenburg

Die Ministerin hat sich mal wieder zu Wort gemeldet – im Hausblatt ihres Lieblingsdienstleisters. Da gibt es mit Blick auf die Lausitz einige Erfolgsmeldungen.

Etwa „Mit der Zusammenführung der zwei bisher getrennten Hochschulen in der Region ist eine größere gemeinsame Universität entstanden.“ Die neue Hochschule ist also ganz bestimmt nicht kleiner als jede der vorher vorhandenen. Dies ist für Brandenburg eine beachtliche Leistung.

Weiter heißt es „Mit dem Konzept, universitäre und fachhochschulische Studiengänge abgestimmt unter einem Dach vorzuhalten, werden Übergänge im Studium und zwischen den Studiengängen vereinfacht.“ Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass es künftig in einem Fach nur noch einen Studiengang geben darf. Damit sind die Wechselwilligen und in Folge dessen auch die Übergangsprobleme aus der Welt.

Ein weiterer Erfolg: „Mit der Neugründung werden die bisherigen Hochschulstandorte in Cottbus und Senftenberg langfristig gesichert.“ Dies hat man in der Weise bewerkstelligt, dass Kandidaten für das Amt des Gründungspräsidenten, welche die Existenz 40km auseinanderliegender Standorte abschaffen wollten, erst gar nicht zugelassen wurden.

Und schließlich erfahren wir „Die Verwaltungen wurden zusammengeführt“. In der Tat wurde sofort nach der Neugründung ein Organigramm erstellt, das die Verwaltungen beider Hochschulen in einem gemeinsamen Schaubild darstellt. Kleinigkeiten wie die Vereinheitlichung der Software, der Buchführung, der Prüfungsverwaltung etc. stehen zwar noch aus, sind aber durch freiwillige Überstunden des Personals in den nächsten fünf Jahren locker zu schaffen.

Außerdem betont Frau Kunst „Die Neugründung in der Lausitz ist kein Sparmodell: Der Universität steht ein Etat zur Verfügung, der zehn Prozent über dem Budget der beiden Vorgänger-Hochschulen liegt.“ In der Tat hat das Land hier fleißig gearbeitet: Mittel von außen, etwa aus dem Hochschulpakt, wurden erst vom Land vereinnahmt, um dann als erhöhte Grundzuweisung an die Hochschulen zu gehen. Außerdem wird das für die zusätzlichen Studiengänge im Gesundheitswesen veranschlagte Geld tatsächlich an die Hochschule gehen, und „Mit dem Hochschulvertrag für die Jahre 2014 bis 2018 steigen die Mittel für die Universität nochmals zusätzlich kräftig an.“ Das ist beachtlich und bewegt sich sogar im messbaren Prozentbereich. Die Hochschulausgaben pro Kopf liegen in Brandenburg immerhin etwa bei der Hälfte dessen, was man in Mecklenburg-Vorpommern so veranschlagt, sind also beachtlich.

Es gibt also Erfolge auf der ganzen Linie.

Wettbewerb à la Brandenburg oder warum die Quadratur des Kreises ein Kinderspiel ist

Das Land will die Mittelvergabe für die Hochschulen modernisieren. Es sollen neben einer Grundfinanzierung zehn Prozent des entsprechenden Haushalts nach einem wettbewerblichen Verfahren auf die Hochschulen verteilt werden. Die Einreichungsfrist für die Vorschläge war vor zwei Wochen. Leider ist bis heute nicht bekannt, wer die Vorschläge nach welchen Kriterien beurteilt, geschweige denn, wie aus diesen Beurteilungen die Verteilung des Geldes berechnet wird. Wir stehen also auf dem Sportplatz und wissen nur, dass ein Wettbewerb stattfinden soll. Sportart, Schiedsrichter und Regeln wurden aber nicht bekanntgegeben. Keiner weiß, ob es darum geht, weit oder hoch zu springen, Tore zu schießen, Speere zu werfen, um den Platz zu laufen, oder einen Ball über ein Netz zu befördern. Es sollen sich aber bitte alle anstrengen.

Das einzige bisher bekannte aber auch nur vermutete Kriterium ist die Umsetzung der Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates für die Lausitz. Dort werden in den in den fachspezifischen Teilen ca. zehn neue Professuren vorgeschlagen. Laut allgemeinem Teil soll das eine Reduktion von derzeit 228 auf künftig nur noch 150 Planprofessuren bewirken. Dagegen ist die Quadratur des Kreises ein Kinderspiel. Dafür reicht nämlich eine unendliche Arbeitsgeschwindigkeit oder unendlich viel Zeit bereits aus. Für die Reduktion durch Aufstocken leider nicht. Vorschläge, wie die neue Gesamthochschule Lausitz dieses dennoch verwirklichen kann, sind noch keine eingegangen, werden aber gerne entgegengenommen.

Ein-Kind-Politik à la Brandenburg

Brandenburg hat ein ernsthaftes demographisches Problem: Überbevölkerung. Obwohl Brandenburg durch den Mangel an Studienplätzen jedes Jahr per Saldo mehrere tausend junger Leute verliert, kann es sich den Ausbau der Studienplätze nicht leisten. Wie der Finanzminister sagt, müsse man „auch schauen, wie viele der Hochschulabsolventen das Land eigentlich brauche. Wenn man sie alle in Brandenburg in Lohn und Brot bringen wolle, müsse man die Wirtschaft ankurbeln. Was wiederum neues Geld koste.“[1] Und dass Jobmotoren teuer sind, wissen wir spätestens seit BER. Folgerichtig hat die Regierung bereits angefangen, die Zahl der Hochschulen zu reduzieren.
Damit dürfte aber auch klar sein, was als nächstes zu folgen hat: Die Schulplätze. Es ist nicht zu verantworten, für viele tausend Kinder und Jugendliche die Schulausbildung zu finanzieren, wenn sie zum Studium ohnehin das Bundesland verlassen. Konsequenterweise ist dann auch dafür zu sorgen, dass nicht mehr Kinder in den Krippen und Kitas betreut werden als nachher in den Schulen aufgenommen werden können. Wer mehr als ein Kind in die Welt setzt, hat für diese Kinder die vollen Kosten selber zu tragen – Krippe, Kita, Schule und Studium – oder gleich das Bundesland zu wechseln.
Siegen lernen heißt von der Volksrepublik China lernen! Dort hat man die Ein-Kind-Politik schon vor über dreißig Jahren eingeführt.

PS: Kürzlich hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) verlauten lassen, es gebe keine Überbevölkerung, es sei genügend Essen für alle da [2]. So einen Unfug kann auch nur behaupten, wer noch nie in Brandenburg war.

[1] ORTSTERMIN Eine Frage der Zeit PNN vom 11.07.2013

[2] Es gibt genug Brot, Ihr Untergangspropheten! Welt Online vom 18.07.2013

Beweisführung à la Brandenburg

Als Mathematiker bin ich naturgemäß an Beweisen interessiert, etwa Beweisen der Existenz und Eindeutigkeit bestimmter mathematischer Objekte. Man kann aber auch interessante Eigenschaften dieser Objekte beweisen. Eher unüblich ist es, Eigenschaften von Objekten zu beweisen, deren Existenz nicht bewiesen ist. Man wird dies am ehesten tun, um später zu beweisen, dass es Objekte mit dieser Eigenschaft nicht geben kann, also um deren Nichtexistenz zu beweisen.

Außer Mathematikern sind auch Juristen an Beweisen interessiert. Dort liegt die Messlatte für die Schlüssigkeit eines Beweises naturgemäß etwas niederer als in der Mathematik. Besonders niedrig liegt sie in Brandenburg. So schreibt das Landesverfassungsgericht in seiner Ablehnung des Eilantrags der BTU

Die Landesregierung hat nachvollziehbar dargetan, dass von einer einstweiligen Anordnung in ihren Planungen und Dispositionen unmittelbar auch Dritte betroffen wären, etwa  Studienanfänger, die sich für ein Studium an der BTUCS zum Wintersemester 2013/2014  entschieden haben, aber nicht aufnehmen könnten, würde die Errichtung der BTUCS auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben.

Bislang ist mir allerdings noch kein Studieninteressierter begegnet, der lieber an der BTUCS als an der BTU oder der HL studieren möchte. Ohne den Nachweis der Existenz ist nicht nachgewiesen, dass jemand Nachteile hat. Umgekehrt existieren  jede Menge bereits eingeschriebener Studierender, die ihren Abschluss gerne von der Hochschule hätten, für die sie sich ursprünglich entschieden hatten. Dies interessiert in Brandenburg aber nicht.

Vielleicht sollte ich mich künftig auf die Untersuchung nicht-abelscher multiplikativer Unterhalbgruppen der reellen Zahlen verlegen. Führt das Land dereinst einen eigenen Landesforschungspreis ein, habe ich damit bestimmt beste Chancen.

Exponentialrechnung à la Brandenburg

Im Rahmen der Hochschuldiskussion haben uns die Politiker immer wieder erklärt, eine Fusion würde dazu führen, dass sich die Stärken von Universität und Fachhochschule gegenseitig potenzieren. Als Mathematiker habe ich nun überlegt, was das genau bedeutet.

Da Hochschulen grundsätzlich etwas positives sind, steht jede für eine positive Zahl. Nun handelt es sich um verschiedene Hochschultypen. Daher muss jede auch für einen anderen Typ von Zahl stehen. Bei positiven Zahlen gibt es aber nur zwei solche Typen, die sich entsprechend unterscheiden: Zahlen, die größer oder kleiner als Eins sind. Nehmen wir also zum einfacheren Rechnen 1/2 und 4. Welche Zahl zu welchem Hochschultyp gehört ist egal. Hauptsache verschieden. In Summe haben wir also zunächst 4,5. Nehmen wir nun die vierte Potenz von 1/2, so erhalten wir 1/16. Vier hoch 1/2 ist gerade Zwei. Wir haben also in Summe 2,0625. Das ist knapp die Hälfte dessen, was wir vorher hatten.

Im Übrigen ist es egal, von welchen Zahlen wir ausgehen. Solange sie zu den verschiedenen Typen gehören, also eine kleiner, eine größer als Eins, verkleinern sich beide durch das gegenseitige Potenzieren. Damit ist klar, was die Landesregierung mit der Lausitz vorhat.

Weshalb der Eiffelturm nicht in Brandenburg steht

Zu behaupten, das läge daran, dass Gustave Eiffel kein Deutscher, sondern Franzose war, greift zu kurz. Schließlich steht eines seiner berühmtesten Werke in New York, was bekanntlich weiter von Frankreich entfernt ist als unser kleines Bundesland. Es gibt aber echte Gründe, weshalb der Eiffelturm nicht hier steht:

  1. Man beauftragte mit Eiffel und seinem Ingenieurbüro erfahrene Leute, die  bereits mehrere ähnliche Projekte erfolgreich gebaut hatten, etwa die Ponte Maria Pia bei Porto, den Garabit-Viadukt im Zentralmassiv oder die Tragkonstruktion der Freiheitsstatue. In Brandenburg ist man da weiter. Will man die Hochschulen in der Lausitz verbessern, so lässt man die zuständige  Kommission vom ehemaligen Chef  einer Großforschungseinrichtung leiten, der schon länger aus dem universitären Alltagsbetrieb heraus ist. Für die Hochschulstrukturkommission wählt man den ehemaligen Präsidenten eines zwischenzeitlich aufgegebenen Gesamthochschulprojekts und als Beauftragten für die Hochschulfusion einen pensionierten Ministerialdirigenten. Den Aufsichtsrat für den Flughafenneubau hat man gleich mit Politikern und Lobbyisten besetzt.
  2. Man plante den Turm fertig, ehe man mit dem Bau begann. In BER ist man derzeit dabei zu planen, wie man einen Plan für die weitere Planung zum Weiterbau bekommen könnte. Der Baubeginn für das Terminal war 2008. Für die Hochschulfusion hat man erst gar keinen Plan gemacht. Dieser darf erst nach der Gründung begonnen werden: „Bis man weiß, wohin man will, werden nach der Neugründung vermutlich schon noch zwei Jahre vergehen.“
  3. Beim Bau des Eiffelturms wurde jedes einzubauende Teil vor Ort auf seine Korrektheit überprüft. Überhaupt wurde der Bau kontinuierlich von Eiffel und seinen Ingenieuren überwacht. In BER dagegen hat man wenige Wochen nach der Ankündigung, in einer Woche zu eröffnen, angefangen zu schauen, ob denn alles nach Plan eingebaut wurde. Für die Hochschulfusion erledigt sich das Problem dadurch, dass es – siehe oben – erst gar keinen Plan gibt.

Man sieht also deutlich, dass ein Projekt wie der Eiffelturm in Brandenburg keinen Platz hätte. Nicht weil Eiffel Ausländer war, sondern weil er sich nicht an die brandenburgischen Spielregeln gehalten hätte.

Die Kunst der Grammatik

Wer im Mittelalter studieren wollte, musste zuerst die sieben freien Künste lernen. Die erste davon ist die Grammatik, die Kunst, sprachlich richtige und verstehbare Sätze zu bilden bzw. solche zu analysieren. Die zweite freie Kunst ist die Rhetorik, die Kunst der Beredsamkeit, die es als Stilmittel auch erlaubt, Abweichungen von der korrekten Grammatik einzusetzen.

Ein schönes Beispiel dafür gab gestern bei der Podiumsdiskussion im neuen Cottbuser Stadthaus die brandenburgische Wissenschaftsministerin. Auf die mehrfach geäußerte Bitte, den Nutzen der Hochschulfusion in einem Satz zusammenzufassen, antwortete sie mit einem jeweils  anderen sehr langen Satz, der nicht nur mit seiner Länge, sondern auch in der Häufigkeit des Einsatzes rhetorischer Mittel wie Ellipse und Anakoluth selbst Cicero und Seneca beeindruckt hätte.

Ich möchte vorschlagen, dass jemand die Sätze verschriftlicht, sodass die Bildungsministerin diese im kommenden Deutschabitur grammatisch und rhetorisch analysieren lassen kann, eine sicherlich hinreichend anspruchsvolle Aufgabe. Nachdem es gestern niemand gelungen war, schafft es vielleicht einer der Abiturienten herauszufinden, was die Ministerin eigentlich sagen wollte.

Antifaschistische Wissenschaftspolitik

Brandenburg ist ein leuchtendes Vorbild. Während im Osten Deutschlands immer mehr Menschen rechtsextrem denken, versucht unsere Landesregierung, sich in allen Belangen vom Faschismus abzugrenzen. Anne C. Nagel berichtet über ihre Recherchen zum Reichsministerium für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung:

Mich hat vor allem erstaunt, dass fast alle Maßnahmen nicht einfach angeordnet wurden, sondern einem breiten Diskurs ausgesetzt waren. Nicht etwa nur in der Partei.

In Brandenburg dagegen setzt man wissenschaftspolitische Maßnahmen ohne jeden Diskurs durch. Ein wahrer Leuchtturm des Antifaschismus.

Hurra, wir schreiben Geschichte!

Jetzt ist es raus. Die Ministerin hat es selbst verraten. Bei den Fusionsplänen für die Brandenburger Hochschulen geht es nicht ums Sparen oder Mehrausgaben. Es geht nicht um Verbesserung oder Verschlechterung, auch nicht darum, einen neuen Hochschultyp zu etablieren oder einen verflossenen wiederzubeleben. Nein. Es geht um viel mehr: Brandenburg soll Geschichte schreiben.  Da ist schon das Ziel preiswürdig. So wurden schon einige der Darwin Awards an Menschen vergeben, die versucht hatten, Geschichte zu schreiben. Etwa an einen Menschen in den USA, der mit dem ersten raketengetriebenen Chevy Impala in die Annalen eingehen wollte, oder an den Berliner Rentner, der der erste sein wollte, der sein Wochenendgrundstück mittels Starkstrom maulwurfsfrei halten kann.

Wie, Sie finden die Beispiele albern, weil es ja nur Einzelpersonen sind, die Ziele eher niedrig gesteckt, und die Kandidaten es am Ende doch nicht in die Geschichtsbücher geschafft haben? Es sollten doch größere, politische Ziele sein, und man müsste die Ergebnisse in den Geschichtsbüchern finden. Kein Problem: Es gab immer wieder Menschen und Staaten, die dadurch in die Geschichte eingehen wollten, dass sie Russland eroberten. Einer der frühen Kandidaten war König Carl XII von Schweden, der nach seinen militärischen Erfolgen in Deutschland und Polen ein richtiges Großprojekt angehen wollte. Ein besonders prominentes Beispiel ist Napoleon Bonaparte, der sein einschlägiges Projekt tatsächlich überlebte. Zuletzt war es Adolf Hitler, der sich daran versuchte – gegen den Willen seiner militärischen Ratgeber, die sich zunächst mit der Hauptstadt zufrieden geben wollten.

Sie sind noch nicht einverstanden? Sie möchten nicht mit Menschenverächtern und ihren menschenverachtenden Zielen in Verbindung gebracht werden? Dann wenden wir uns den erklärten Menschenfreunden zu: Karl Marx, Friedrich Engels und ihre Nachfolger wollten uns das Paradies auf Erden bringen, Bayer das ultimative Hustenmittel und IBM das papierfreie Büro. Grünenthal wollte alle Schwangerschaftsbeschwerden vergessen machen und Kaiser Wilhelm II uns herrlichen Zeiten entgegenführen. Sie alle wollten mit ihren Wohltaten Geschichte schreiben und haben auch wirklich ihren Platz in den Geschichtsbüchern gefunden. Nun soll ihnen Brandenburg nachfolgen. Hurra, wir schreiben Geschichte.